Jeder Mensch ist anders und jeder Mensch reagiert auch anders. In der Wissenschaft gibt es verschiedene Verhandlungstypen, die als verschiedene Persönlichkeitstypen definiert sind. Bei den Typologien versucht man die Komplexität zu reduzieren. Es gibt neben dem DISG Modell umfangreichere Typologien um die Persönlichkeitstypen zu definieren. Wichtig dabei ist nicht davon auszugehen, dass die Einteilung immer zu 100% richtig ist und in jeder Verhandlung zutrifft. Dennoch ist es eine Basis, die uns hilft die Verhandlung im zwischenmenschlichen Bereich mit dem Verhandlungspartner besser zu führen. In dem Moment in dem ich das Interesse und das Bedürfnis, sowie die Grundmotivation meines Verhandlungspartners verstehe, kann ich viel besser die gemeinsamen Interessen und Optionen finden.

Was ist die persönlichkeitsbasierte Typologie von Dr. Wolfgang Hinz? Er entwickelte die persönlichkeitsbasierte Interessenstruktur und unterscheidet hier 9 grundlegende Menschentypen, die unterschiedlich in der Entwicklungsstufe sein können. Und diese können wir gut in Verhandlungstypen übertragen.
Ermittlung des Kern-Bedürfnis der Verhandlungstypen, der Person und deren Stressauslöser
Das wesentliche Element dieser Typologien ist, dass wir den Verhandlungstypen sehr schnell erfassen können. Die Basis ist das Kern-Bedürfniss und der potenzielle Stressauslöser für den Verhandlungspartner. Dadurch, dass wir den Verhandlungspartner besser einschätzen können sind Erfolge natürlich auch höher.
Unser Bedürfnis und unser Interesse beeinflusst unser Denken und damit unser Fühlen, welches dann zu bestimmten Wahrnehmungen führt. Unsere Wahrnehmung bestimmen, wie wir die Realität sehen. Damit verbunden verhalten wir uns auch gemäß unserer subjektiven Realität.
In Anlehnung an das 4-Ohren Modell von Schulz von Thun erkennen wir durch die Wortwahl und Formulierungen die unbewusste Selbstoffenbarung. Genauso können wir die eigene bewusste Selbstdarstellung oder Selbstinszenierung erkennen. Genau das bewirkt den 3 Sekunden Effekt, der uns Hinweise gibt welche Interessen hinter der Verhaltensweise verborgen sind. Meistens schätzen wir auf dieser Basis – oft unbewusst – die andere Person ein. Eine eventuelle Fehleinschätzung ist kein Problem, solange wir unsere Annahmen mit einer guten Fragetechnik in Verhandlungen hinterfragen.
Persönlichkeitsbasierte Interessenstruktur nach Dr. Wolfgang Hinz – auf Verhandlungstypen
Die 9 Grundtypen als Verhandlungspartner

- Der Perfektionist
- Der Helfer
- Der Erfolgsmensch
- Der Individualist
- Der Denker
- Der Traditionalist
- Der Lebenskünstler
- Der Machtmensch
- Der Schiedsrichter
- Fallbeispiel aus der Verhandlungspraxis
Die 9 Grundtypen der Verhandlungstypen
Der Perfektionist als Verhandlungstyp
Verhandlungstypen, die Perfektionisten sind, lieben die Ordnung und möchten Recht haben. Der Perfektionist kritisiert den Verhandlungspartner häufig und steht selbst über aller Kritik – fast unantastbar. Er möchte die Welt verbessern und sucht nach Gerechtigkeit. Personen, die nicht nach seiner Perfektion leben, werden verurteilt. Kritik, Unordnung, Fehler oder Regelverstöße mag der Perfektionist nicht.
Grundbedürfnis: hat die Wahrnehmung besser als andere Menschen zu sein und möchte Recht haben.
Grundnot: Freiheit und Autonomie ist nicht selbstverständlich
Grundangst: Angst vor Verurteilung durch die Angst vor Versagen, wenn die Ideale nicht erreicht werden.
Vermeidung: Fehler und Konflikt
Versuchung: alles vollkommen zu haben
Stressauslöser: Hinweis auf eigene Fehler. Wenn die Situation nicht „perfekt“ ist und nicht in Ordnung gebracht werden kann.
Selbstoffenbarung: Nörgler, Belehrer, Rechthaber, „ohne Fehler“, Moral hat eine hohe Bewertung.
Der Helfer als Verhandlungstyp
Verhandlungstypen, die Helfer sind brauchen die Anerkennung wie der Mensch das Wasser. Sie streben danach geliebt zu werden. Das ist ihre Grundmotivation: hilfreich zu sein und genau für diese Hilfe auch anerkannt zu werden. Dieses Mutter Theresa Syndrom kann so weit gehen, dass die Hilfe auch als Kontrolle über andere ausgeübt wird.
Sie wollen gebraucht werden und können schlecht NEIN sagen und das auch beim Verhandlungspartner. Helfer sind gerne im Mittelpunkt in der Verhandlung – sie sind gerne großzügig, helfen, geben Rat oder Geschenke. Mit diesem Verhandlungstypen in einer Preisverhandlung werden Sie sicher mehr bekommen, als Sie erwartet haben.
Grundbedürfnis: möchte geliebt und anerkannt werden.
Grundnot: er empfindet zu wenig Anerkennung und Liebe zu bekommen
Grundangst: Angst ungeliebt, unerwünscht zu sein
Vermeidung: Unterdrückung der eigenen Bedürfnisse und Projizierung dieser auf den Verhandlungspartner
Versuchung: immer helfen; die Identität liegt in den Bedürfnissen anderer.
Stressauslöser: Hilfe wird abgelehnt oder es kommt kein Dank für die Hilfe (kleine Gesten sind ausreichend)
Selbstoffenbarung: schmeichelt, fühlt empathisch mit, fürsorglich, emotional, beratend und sentimental
Der Erfolgsmensch als Verhandlungstyp
Verhandlungstypen mit der Ausprägung Erfolg brauchen die Aufmerksamkeit, Bewunderung und Bestätigung ihres Verhandlungspartners. Der Verhandlungstyp Erfolg hat die Grundmotivation andere zu beeindrucken um damit die entsprechende Anerkennung zu bekommen. Er denkt in Konkurrenz und Wettbewerb zum Verhandlungspartner und möchte der Beste sein. Image ist ihm wichtig. Er liebt Effizienz und Aktivität. Status und Image zu steigern ist sein Ziel und er spricht kaum über Emotionen.
Grundbedürfnis: Erfolg haben und Anerkennung bis zur Bewunderung um das Bedürfnis nach Liebe und Anerkennung zu decken.
Grundnot: hat das Gefühl zu wenig Liebe zu bekommen das er über Anerkennung decken möchte
Grundangst: Zurückweisung und Ablehnung – kann mit „NEIN“ nicht gut umgehen
Versuchung: Arbeits – und Erfolgssucht um Bewunderung zu bekommen. Der Erfolgsmensch tritt mit Menschen in Wettbewerb, von denen er bewundert werden will.
Vermeidung: Verlieren, Scheitern, Versagen, Misserfolg
Stressauslöser: Wenn Aufmerksamkeit reduziert wird, durch nicht Bewunderung und Anerkennung
Selbstoffenbarung: begeistert Andere, wirbt für Ideen, im Wettbewerb, auf das Ziel fixiert und schnell in der Konfrontation
Der Individualist als Verhandlungstyp
Der Verhandlungstyp Individualist drückt sich schön aus. Er mag keine Routine oder Regeln. Seine Kreativität bringt er gerne zum Ausdruck. Seine eigenen Bedürfnisse zu befriedigen steht vor denen der Anderen. Er möchte sich selbst verstehen, seine eigene Identität finden. Er kümmert sich zuerst um seine eigenen Bedürfnisse, bevor er sich dem Verhandlungspartner zuwendet. Verhandlungstypen mit dem Merkmal Individualist versorgen sich selbst mit dem, was sie in der realen Welt nicht bekommen.
Grundbedürfnis: Selbstverwirklichung und sich selbst zu verstehen – Identitätssuche
Grundnot: fühlt sich zu wenig geliebt
Grundangst: hat Angst nicht ok zu sein, nicht dazu zu gehören. Angst zu wenig Liebe und Anerkennung zu bekommen und fühlt sich unbeliebt und ungeliebt
Versuchung: Sucht laufend nach Originalität und seiner Identität
Vermeidung: Routine, Gewohnheit und Konventionalität – auf keinen Fall wie die Anderen sein
Stressauslöser: Aggression und konfrontierende Kommunikation; keine Aufmerksamkeit, Hinweis auf die eigene Gewöhnlichkeit sowie Verlust
Selbstoffenbarung: Fatasie, Inspiration, besonders und auffallend zu sein, ausschweifend; depressiv; stilvoll
Der Denker als Verhandlungstyp
Dem Verhandlungstyp Denker geht es um Wissen, Analyse und das Verständnis für die Welt. Das gibt ihm die Sicherheit die braucht, um sich vor unsicheren Situationen zu schützen. So auch in Verhandlungen – er ist perfekt vorbereitet auf den Verhandlungspartner und reagiert mit Flucht bei ungewohnten Situationen.
Er ist eher introvertiert und auf Rückzug orientiert. Small Talk, lautes Reden oder auch Emotion sowie Gespräche über sein Privates möchten diese Verhandlungstypen nicht.
Grundbedürfnis: alles verstehen und alle Informationen zu bekommen
Grundnot: Unsicherheit
Grundangst: Angst vor Unsicherheit – sieht Menschen als Bedrohung. Seine Neugier und Aufmerksamkeit helfen ihm sich zu schützen
Versuchung: Der Denker nutzt jede Möglichkeit um mehr Wissen zu bekommen
Vermeidung: sein Innerstes, seine Gefühle gibt er nicht Preis
Stressauslöser: ist schnell überfordert bei Emotionen
Selbstoffenbarung: introvertiert, erklärt, wirkt reserviert
Der Traditionalist als Verhandlungstyp
Der Verhandlungstyp Traditionalist braucht Sicherheit. Diese holt er sich aktiv. Gibt der Verhandlungspartner diese Sicherheit, so fühlt er sich geliebt und akzeptiert. Er kämpft beim Verhandlungspartner darum keine Angst und Unsicherheit zu empfinden und wünscht sich dafür Anerkennung. Wenn er Unsicherheit spürt sucht er Rückendeckung bei Autoritäten. Er braucht Zeit um sich auf neue Situationen und Veränderungen vorzubereiten.
Zudem widerspricht er sich selbt, um Treue und Loyalität zu testen – ob man ehrlich mit ihm ist. Unsicher wird er bei Lügen, Täuschungen und Verrat/Konflikt. Das meiden diese Verhandlungstypen.
Grundbedürfnis: Sicherheit und sich geborgen fühlen
Grundnot: empfindet schnell Unsicherheit
Grundangst: Sicherheit und Geborgenheit findet er nicht in sich sonder über Autoritäten. Angst mit verbundener Flucht vor Ausnutzung und Strafe
Versuchung: Ambivalenz zwischen Sicherheitsstreben bei Autoritäten oder im Glaubenssystem und Misstrauen
Vermeidung: falsches Verhalten und damit verbundene Straferwartung
Stressauslöser: Wenn die initiierten Sicherheitsmaßnahmen nicht funktionieren. Auch Veränderungen, Zurückweisung von Bezugspersonen und Verrat von Autoritäten lösen Stress aus.
Selbstoffenbarung: symbiotisch, loyal, sicherheitsbedürftig, pessimistisch und damit vorwarnend, begrenzend, verantwortungsbewusst und zuverlässig